Paris St. Merri, 6. April – 18. April 1999
Basel St. Elisabethen, 2. Mai – 12. Mai 1999
Plovdiv St. Elena und Konstantin, 6. Juni – 19. Juni 1999
Weimar St. Jacob, 31. Juli – 14. August 1999
Jena Friedenskirche, 15. – 31. August 2003
Die „Kirche als Klangskulptur“ ist ein Projekt, das die traditionsreichen Wurzeln Weimars aufgreift und sie mit Momentaufnahmen aus anderen Kulturen konfrontiert. Weimar, die diesjährige Kulturstadt Europas, ist nicht nur durch Goethe und Schiller bekannt, sondern auch ein bedeutender Ort der Musikgeschichte. Während Johann Sebastian Bach in Weimar die neuen Formen der italienischen Musik adaptierte, ließ Franz Liszt, einer der ersten wirklich europäischen Künstler, längst vergessene Werke des ehemaligen Hoforganisten wiederaufleben. In seiner „Faust-Symphonie“ verwandelte Liszt Goethes Hauptwerk in eine „symphonische Dichtung“, in der er mit einzelnen Motiven die Charaktere von Faust, Gretchen und Mephisto zum Ausdruck bringt. So wie diese Melodien einzelne Figuren charakterisieren, lässt sich über das Hören auch die Einzigartigkeit einzelner Orte erfassen. In der Klangskulptur werden somit historische Zeugnisse und aktuelle Klangzeichen miteinander verknüpft.
Auf meinen Reisen sammelte ich in den letzten Jahren statt Fotos „akustische Postkarten“. Ich nahm traditionelle Musik, Glocken, Klänge von Kirchen und Tempeln, Kinderlieder und Straßengeräusche in unterschiedlichsten Ländern auf. Das älteste Klangobjekt ist eine Glocke aus dem 10. Jahrhundert, die jüngste Aufnahme entstand vor wenigen Tagen in Paris. Mich fasziniert immer wieder die Vorstellung, dass all diese Klangereignisse gleichzeitig und im Hier und Jetzt irgendwo auf einem der Kontinente stattfinden. Die Klänge erzählen von der Vielfalt kultureller und religiöser Traditionen, und selbst scheinbar banale Episoden offenbaren ganz charakteristische Qualitäten: Jede Stadt hat ihren eigenen Klang. Die Kirche als Ort der Stille, des Gebets und der Abkehr vom Alltag schwingt im Echo naher und ferner Klangwelten mit.
Die 16 Lautsprecher, dezent in die Architektur der Kirche integriert, werden von einem Computer gesteuert. Dieser interpretiert eine „Partitur“ möglicher Klangabfolgen, wählt komponierte Sequenzen aus und setzt sie jedes Mal neu zusammen. Die Installation startet ihren europäischen Weg im April 1999 in Paris, wo sie 14 Tage lang in St-Merri zu hören ist. Basel bildet die zweite Station auf der Route, die über Plovdiv (Bulgarien) und Liechtenstein nach Weimar führt. In jeder Stadt werden während der Installationsdauer weitere Aufnahmen gemacht, die in die jeweils folgende Präsentation einfließen. So wird die Installation, wenn sie in Weimar ankommt, auf akustische Weise die „Erinnerungen“ ihres bisherigen Weges in sich tragen. In jeder Stadt wird die Eröffnung der Klangskulptur von einem Konzert des Ensembles für Intuitive Musik Weimar begleitet, das improvisatorisch auf die jeweilige Klangwelt reagiert.
Die Aufnahmen stammen aus folgenden Ländern:
Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Kolumbien, Costa Rica, Deutschland, Ecuador, Frankreich, Holland, Indonesien, Irland, Italien, Malaysia, Mexiko, Österreich, Peru, Philippinen, Portugal, Schweiz, Singapur, Spanien, Thailand, Ungarn und Venezuela.