Hans Tutschku

Ensemble für intuitive Musik, Weimar (Deutschland)

EFIM frontpage

Daniel Hoffmann, Matthias von Hintzenstern, Hans Tutschku, Michael von Hintzenstern

Das 1980 gegründete „Ensemble für Intuitive Musik Weimar“ (EfIM) gestaltet Programme, die den Interpreten Spielräume zu eigenschöpferischen Gestalten gewähren. Dies führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit Karlheinz Stockhausen, der die Aktivitäten der Gruppe in vielfältiger Weise förderte.
„Klang-Reise“ lautete der Titel zahlreicher Konzerte, die das 1980 gegründete „Ensemble für Intuitive Musik Weimar“ (EFIM) in den ersten Jahren seines Bestehens gab. Das fing in einer illegalen Erfurter Galerie an, führte in zahlreiche Kirchen und nach Jahren sogar in den (Ost-) Berliner „Palast der Republik“. Inzwischen hat es in 25 Ländern konzertiert – in Europa, Lateinamerika und in Asien.
Zu DDR-Zeiten empfanden es die Musiker als notwendig und reizvoll, tabuisiertes und unerwünschtes Gebiet zu betreten. Die Hörer, deren Sehnsucht und Neugier schier unstillbar waren, folgten gebannt diesen Exkursionen. Der Name Karlheinz Stockhausen erwies sich dabei als Magnet – die Menschen kamen in Scharen. So fanden bis zum „Wendeherbst 1989“ über 100 Konzerte mit seiner Musik in der DDR statt.
Nach der Grenzöffnung konnte das Ensemble 1990 erstmals vor Stockhausen spielen, der in einem Brief darüber schrieb: „…es war gut, daß ich Euch endlich im Konzert erlebt habe. Euch allen möchte ich danken: Ihr habt die Intuitive Musik lebendig gehalten. Wir werden gewiss gemeinsam diese eigenartige Musikform weiterentwickeln.“ Im Anschluss an eine intensive Probenphase im Mai 1991 schrieb er nach Weimar: „DANKE für die Pfingsttage: auch für mich waren sie außerordentlich lehrreich, und Ihr seid einfach 4 Engel! Ich werde helfen, wann immer ich eine Chance bekomme, dass Ihr weitergeht in der Entdeckung, Klärung der Intuitiven Musik.“
Das Ensemble hat sich darauf spezialisiert, Neue Musik im Moment der Aufführung entstehen zu lassen. Ausgangspunkt sind oftmals nur minimale Spielanweisungen oder Konzepte.
Charakteristisch ist die enge Verzahnung zwischen den Instrumenten (Trompete/Flügelhorn, Violoncello, Klavier/Orgel) und Live-Elektronik, wodurch nicht nur eine Fülle neuer Klangfarben entsteht, sondern auch bisher kaum vorstellbare kommunikative Prozesse ausgelöst werden. Das im Computer befindliche mobile Studio wird als Musikinstrument eingesetzt. Technik fungiert nicht mehr als ergänzendes Beiwerk, sondern als Bestandteil des instrumentalen Wechselspiels.
Darüber hinaus übernimmt die Bewegung der Klänge im Raum eine wesentliche Rolle (8-kanalige Beschallung).
Seit Anfang der 90er Jahre widmet sich das EFIM hauptsächlich Eigenprojekten.
Es ist dabei stets auf der Suche nach „besonderen Orten“, deren Ausstrahlung Akteure wie Zuhörer in gleicher Weise beflügelt. Das können Parkanlagen ebenso sein wie Steinbrüche, die des Nachts geheimnisvoll illuminiert werden.
Zu den prägenden Erfahrungen gehörte 1993 das Konzert in einem Lavafeld in Mexico-City, in dem – bei Vollmond! – ein Werk über die vier Elemente vor 2000 begeisterten Menschen aufgeführt wurde: ERUPCION DE SONIDOS – AUSBRUCH DER KLÄNGE. Im Jahr 2000 war es ein 670 Meter unter Tage in das Salz gefräster Konzertsaal, der die Hülle für das Werk KLANGSCHACHT SONDERSHAUSEN bot.
Ausgehend von Bauhaus-Traditionen wurden seit 1987 zahlreiche synästhetische Projekte realisiert. So konnten 1989/90 in den Zeiss-Planetarien in Jena und Berlin unter dem Titel VOM KLANG DER STERNE „abstrakte Farbvariationen im Kosmos“ gestaltet werden. In KLANG – FARBE – BEWEGUNG (1990/1996/2003) kam es zu einem Wechselspiel mit mehrdimensionaler Projektion und Ausdruckstanz.
Zu den bisher aufwändigsten Kreationen gehörte FLAMMENKLANG MEININGEN (1996) für 16 Heißluftballonbrenner, Tänzer, Chor, Ensemble und Zuspielband von Hans Tutschku. Die unterschiedlichsten Konfigurationen sechs Meter hoher Flammen korrespondierten in dem abendfüllenden Werk mit dem musikalisch-szenischen Geschehen im Englischen Garten der Residenzstadt.
Als inspirierend erwies sich die Zusammenarbeit mit dem Choreographen Joachim Schlömer, mit dem IMAGINÄRE RÄUME für 4 Tänzer, Ensemble und Raumklangsteuerung durch berührungsempfindliche Tanzflächen (Sensoren) für das „Kunstfest Weimar 1996“ erarbeitet wurde. 1998 kam es im Alten Gaswerk Weimar mit „Die Disco als Kunstraum“ zu einer fruchtbaren Begegnung mit DJ Juryman (London). Anlässlich des europäischen Kulturstadtjahres „Weimar ’99“ gastierte das EFIM mit dem Projekt „Die Kirche als Klangskulptur“ (Konzerte und Klanginstallationen von Hans Tutschku) in Paris, Basel und Plovdiv.
„Sakraler Tanz“ stand 2003 im Mittelpunkt einer Präsentation zur KULTUR ARENA JENA in der Friedenskirche, die gemeinsam mit Christine Kono (Japan/USA), Dimitris Kraniotis (Griechenland/Frankreich) und David Kern (USA/Deutschland) erarbeitet wurde.
Ob auf der EXPO 2000 in Hannover, auf den Festivals in Porto (2001), Warschau (2002), Rom (2003), Wien (2004) oder Brüssel (2006), stets ist das EFIM auf einer Klang-Reise, die neue Dimensionen des Hörens erschließen möchte. Bei Konzerten mit 192 Lautsprechern setzte es 2005 das Wellenfeldsynthesesystem IOSONO des Fraunhofer Instituts (Ilmenau) erstmals in einem Konzertsaal ein. 2006 nahm es bei einer USA-Tournee die Spuren auf, die über Lászlo Moholy-Nagy vom Weimarer Bauhaus zu John Cage führen. 2008 gastierte das Ensemble in Buffalo, Santiago de Chile sowie zu den Weltmusiktagen in Vilnius.
Zu den Besonderheiten seines Wirkens dürfte hierbei gehören, dass es nicht nur eine Musik mit neuartigen Klängen präsentiert, sondern auch sogenannte „Sound-Scapes“ (Klang-Schaften) aus fernen Städten und Landschaften aufzeichnet, um sie dann weiter zu verarbeiten und in spätere Aufführungen zu integrieren.

EFIM mit Stockhausen

mit Karlheinz Stockhausen, Kürten 2005

Neues Museum Weimar 2014

Neues Museum Weimar 2014

 

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