Hans Tutschku

entwurzelt


fĂŒr sechs Stimmen und Elektronik
Jahr: 2012
Dauer: 16:00 min
Studio: Harvard University
Neue Vocalsolisten Stuttgart gewidmet
UrauffĂŒhrung: 12. 12. 2012 durch Neue Vocalsolisten Stuttgart , Theaterhaus Stuttgart


entwurzelt ist die Suche nach sinnvollem Ausdruck in einer Sprache, die wir nicht kennen. Die enge VerknĂŒpfung der live gesungenen Passagen mit den KlĂ€ngen der Elektronik soll eine fremdartige Klanglandschaft entstehen lassen, die uns neugierig macht, ihren Sinn zu entziffern. Das Werk basiert nicht auf einem vorhandenen Text, sondern ist ein erfundener Dialog mit AnklĂ€ngen an verschiedene existierende Idiome.



Video der UrauffĂŒhrung: Vocalsolisten Stuttgart

 

Interview mit Annette Eckerle von Musik der Jahrhunderte

Herr Tutschku, Sie leben schon lange an der East Coast. FĂŒhlen Sie sich entwurzelt, oder worauf bezieht sich der Titel Ihres StĂŒcks?
Ich fĂŒhle mich ĂŒberhaupt nicht entwurzelt. Von meinem Naturell her bin ich Weltenbummler und lebe seit vielen Jahren meist im Ausland.


Haben Sie „entwurzelt“ auf der Basis einer Textvorlage komponiert?
Nein. Es gibt keinen Text, also auch keinen Inhalt im klassischen Sinn. Ich habe mit einem Material gearbeitet, das man landlĂ€ufig als LautĂ€ußerungen bezeichnen wĂŒrde. Es geht dabei um Vokale, die auf verschiedenen musikalischen Ebenen mit Konsonanten kombiniert werden. Hintergrund ist mein allgemeines Sprachinteresse und meine Neugierde fĂŒr Gedichte. Das schlĂ€gt sich auch in meinem Interesse fĂŒr die italienische Oper und das französische Lied nieder. Wenn man so will, sind wir alle, die mit anderen Sprachen umgehen, in gewissem Sinne entwurzelt.

 

LĂ€sst sich Ihr StĂŒck vor diesem Hintergrund betrachtet eventuell als komponierte Sehnsucht nach Sinn beschreiben?
Sehnsucht nach Sinn trifft es ganz gut. Es geht mir nicht zuletzt um eine spielerische Öffnung der Sinne. Den Sinn mag dann jeder Hörer fĂŒr sich selber ergrĂŒnden und finden. In diesem StĂŒck gibt es daher keine Semantik oder semantische VersatzstĂŒcke einer bestimmten Sprache. Aber man kann sagen, dass besondere idiomatische QualitĂ€ten in entwurzelt eingeflossen sind, nĂ€mlich aus dem Französischen, dem Spanischen, dem Russischen, dem Italienischen, dem Japanischen und dem Portugiesischen.

 

Welche Aufgabe erfĂŒllt die Elektronik in Ihrer Komposition?
Sie funktioniert als eine Art Spiegel fĂŒr den sĂ€ngerischen Part. WĂ€hrend die SĂ€nger die Hauptakteure bleiben, nimmt die Elektronik manches vorweg und agiert als Dialogpartner. In vielen Passagen findet eine Verschmelzung von sĂ€ngerischen Aktionen und Elektronik statt. Auf diese Art und Weise soll eine Sinn gebende Semantik schon im Ansatz verwischt werden, auch wenn eine Öffnung zu dem Eindruck: „Das kommt mir bekannt vor“ beabsichtigt ist.
Es soll beim Hörer Lust auslösen, sich in dieser vordergrĂŒndig fremden Klanglandschaft neugierig zu bewegen.

 

Wie ist die Textur des StĂŒcks beschaffen?
Ich wĂŒrde nicht von einer Textur sprechen, denn ich arbeite mit Klangfarben, GerĂ€uschpassagen, melodischen und harmonischen BruchstĂŒcken, respektive KlangflĂ€chen, so dass eine Art Relief entsteht.

 

Gibt es improvisatorische Freiheit(en) fĂŒr die AusfĂŒhrenden?
Eher nicht. Es handelt sich um ein sehr streng geformtes StĂŒck, in dem die SĂ€nger sich oft sehr schnell und rhythmisch komplex in hohen Registern bewegen. Wenn man so will, ist entwurzelt ein StĂŒck, das mit sehr viel Energie aufgeladen, und von ausgeprĂ€gt vorwĂ€rts drĂ€ngendem Charakter ist.

Simulation der Elektronik:

Dieses Video zeigt die Simulation der iOS Applikation. Bei jedem Event der Partitur wird der touch Taster kurz heruntergedrĂŒckt
und somit die nÀchste Klangsequenz synchron mit den SÀngern gestartet.

 

Elektronik

 

Diese Komposition nutzt einen iPad, iPod oder iPhone zur Wiedergabe der elektronischen KlÀnge.

Der mini-jack Ausgang des iOS-GerÀtes wird an zwei kleine, hochwertige Lautsprecher angeschlossen, die auf dem Boden, vor den SÀngern positioniert sind.
AbhÀngig von der Akustik sollte man diese beiden Lautsprecher etwas nach aussen richten, um das Stereobild zu verbreitern.
Es werden keine Mikrophone oder weitere Lautsprecher im Saal benötigt.

Einer der SÀnger hat das iOS-GerÀt auf seinem NotenstÀnder und kontrolliert die Elektronik ohne weitere technische Assistenz.

 

 

Die Lautsprecher auf dem BĂŒhnenboden sollten ca. 45 Grad nach oben gerichtet werden, um KlĂ€nge erst ĂŒber Deckenpanele oder andere akustische Elemente reflektieren zu lassen. Somit mischen sich die elektronischen KlĂ€nge besser mit den SĂ€ngern. Auch dies hĂ€ngt jeweils von der Akustik des Saales ab.
Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass die KlÀnge direkt aus den Lautsprechern kommen.

 

Mayer UPJ Lautsprecher sind sehr gut geeignet.

 

In kleineren KonzertsÀlen stellen die Fostex 6301B Monitore eine gute Lösung dar.

 

Der mini-jack Ausgang des iOS-GerÀtes wird mit einem
TRS 1/8 inch -> TRS 1/4 inch Kabel direkt an die Boxen angeschlossen.

Das iOS Interface

Vorbereitung

 

 

Die Elektronik ist kein starres Tonband, das vom Beginn zum Ende der Komposition durchlĂ€uft, sondern hat eine gewisse zeitliche FlexibilitĂ€t eingebaut. An den angegebenen Nummern in der Partitur wird das nĂ€chste Event gestartet. Man kann sich diese Events als ĂŒberlappende elektronische Segmente vorstellen, die durch das Einstarten immer wieder zum aktuellen Tempo der SĂ€nger synchronisiert werden.
Der progress bar im oberen Bereich des Bildschirms bewegt sich kontinuierlich von links nach rechts und gibt die Dauer eines Events an. Die meisten Events haben intern aber eine lĂ€nge Klangdauer, um auch langsamere AuffĂŒhrungstempi zu erlauben. Beim Starten des nĂ€chsten Events wird das vorherige Event ausgeblendet.
Der Bildschirm prĂ€sentiert ausserdem einen Bereich fĂŒr das visuelle Metronom; LautstĂ€rkeregler fĂŒr die Elektronik; Tasten, die die Auswahl bestimmter Events wĂ€hrend der Proben ermöglichen; den touch Taster, um das nĂ€chste Event zu starten; sowie den settings Taster.

 

 

DrĂŒckt man auf settings, wird folgender Bildschirm angezeigt.

loudspeakertest sollte nach dem Aufbau aktiviert werden, um die richtige Verkabelung der Lautsprecher und deren Funktion zu prĂŒfen.
Der Schalter darunter aktiviert das visuelle Metronom. Es ist ein blinkendes Feld, das das gegenwĂ€rtige Tempo anzeigt. FĂŒr Probenzwecke kann auf der settings Seite auch ein klingendes Metronom fĂŒr die beiden verwendeten Tempi eingeschaltet werden.

update events from the internet: siehe Abschnitt weiter unten, am Ende der technischen Beschreibung.

(Der remote Schalter aktiviert die Fernsteuerung ĂŒber ein zweites GerĂ€t und wurde hauptsĂ€chlich zur Entwicklung des Werkes benötigt).

Wenn alle Einstellungen abgeschlossen sind, drĂŒckt man den done Taster, und kommt zurĂŒck zum Hauptbildschirm. Die Einstellung fĂŒr das visuelle Metronom wird gespeichert und so auch beim nĂ€chsten Start der Applikation wieder hergestellt.

 

 

Proben und AuffĂŒhrungen

Bei AuffĂŒhrungen wird die Elektronik von einem SĂ€nger gesteuert. Bei jeder Nummer der Partitur wird der touch Taster kurz gedrĂŒckt. Danach ist der Taster fĂŒr eine Weile gesperrt und wird erst kurz vor dem nĂ€chsten Event wieder freigegeben.
Der progress bar bewegt sich von links nach rechts. Erreicht er den rechten Rand, mĂŒssten die SĂ€nger ungefĂ€hr am Takt des neues Events angekommen sein. Sollten die SĂ€nger schneller oder langsamer sein, wird das nĂ€chste Event synchron mit ihrer AuffĂŒhrung am vorhergesehenen nĂ€chsten Takt gestartet. Somit synchronisiert sich die Elektronik immer wieder zum realen Tempo der SĂ€nger.
WÀhrend der Proben wird beim Start eines Events jeweils ein 4/4-Takt vorgezÀhlt. WÀhrend dieses Taktes wird das aktuelle Tempo visuell mit dem progress bar angezeigt.
Das visuelles Metronom kann je nach PrÀferenz ein- oder ausgeschaltet werden (auf der settings Seite). Es gibt das aktuelle Tempo als blinkendes weisses Viereck an und wird mit jedem neuen Event synchron gestartet.
Der stop Taster kann verwendet werden, um die Elektronik wĂ€hrend der Proben zu unterbrechen. Benachbarte Events können einfach ĂŒber die previvous und next Taster erreicht werden. Die kleine Ziffer rechts neben dem prepare Taster zeigt das vorbereitete Event an.
Die grosse Ziffer zeigt das aktuelle Event an.
Um zu bestimmten Events zu navigieren, kann auch die prepare Taste verwendet werden.

DrĂŒckt man auf prepare , wird ein MenĂŒ mit allen Events angezeigt. Man scrollt zum gewĂŒnschten Event und wĂ€hlt es aus, wodurch man wieder zum Hauptbildschirm zurĂŒckschaltet.

 

 

update events from the internet

Die Parameter der Elektronik sind als Datenbank, unabhÀngig von den KlÀngen, auf dem iOS-GerÀt gespeichert. Jedes Event ist in der Partitur mit einer Zahl gekennzeichnet.
Diese Events enthalten Informationen, welcher Klang abzuspielen ist, das Tempo fĂŒr das Metronom, die Dauer fĂŒr den progress bar usw.
Falls Korrekturen fĂŒr diese Parameter nötig sein sollten, wird eine neue Version der Datenbank auf einen Server gespeichert und kann dann mit dem iOS-GerĂ€t heruntergeladen werden. Dadurch können kleine Änderungen ausgefĂŒhrt werden, ohne die ganze Applikation und alle KlĂ€nge neu installieren zu mĂŒssen.
DrĂŒckt man update events from the internet, lĂ€dt das GerĂ€t die Datenbank automatisch, falls eine Internetverbindung besteht. Die Internetadresse der Datenbank ist vorprogrammiert: es sind keine weiteren Eingaben erforderlich.

 

Liste der benötigten Technik

‱ iPhone,iPod touch oder iPad
‱ zwei kleine, hochwertige aktive Lautsprecher (mit eingebautem VerstĂ€rker)
‱ ein Kabel zur Verbindung mit den Lautsprechern
‱ Stromanschluss fĂŒr die Lautsprecher

Alternative Lautsprecher

Genelec 1029A

Anstelle der Fostex Monitore können andere, kleine, qualitativ hochwertige Nahfeld Monitore verwendet werden.

Kleine Computer- oder Spielkonsolenlautsprecher sind nicht zu empfehlen, da sie das Spektrum des KlÀnge nicht wiedergeben können.

downloads

Partitur

 

Programm entwurzelt vom iTunes AppStore herunterladen

 

 

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